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Der European Green Deal: Wie die Europäische Union bis 2050 klimaneutral werden will
Angesichts der Herausforderungen des Klimawandels ist die Dekarbonisierung zu einem zentralen Bestandteil der globalen Klima- und Umweltpolitik geworden. Die EU stellt dieses Anliegen ins Zentrum ihres sogenannten Green Deal, mit dem sie Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent machen will. Diese Verpflichtung bringt große Herausforderungen mit sich, birgt aber auch attraktive Chancen für Unternehmen und Investoren.
Was ist der Green Deal, und welche Maßnahmen beinhaltet er?
Angesichts des sich verschärfenden Klimanotstands hat sich die Europäische Union mit dem Green Deal bereits 2019 dazu verpflichtet, bis 2050 klimaneutral zu werden. Dieses Ziel der Klimaneutralität wird mit einer ganzen Reihe von Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen verbunden: Dazu gehören unter anderem der Ausgleich von Emissionen durch den Ausbau von CO2-Abscheidung und -Speicherung (CCS), die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien und die Verringerung des Anteils von fossilen Energieträgern an Verkehr und Industrie. Mit dem Green Deal unterstützt die Europäische Union die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens. Hinter diesem weltweit beispiellosen Instrumentarium steht der Grundsatz, dass Europas Zukunft von einem gesunden Planeten abhängt und dass die immer häufiger auftretenden Klimaereignisse direkte Auswirkungen auf das Leben der Menschen wie auch auf die Wirtschaft haben.
Ausgehend von diesem Gedanken setzt die EU schrittweise einen umfassenden Rechtsrahmen um, um ihre ambitionierten Ziele zu erreichen. Unter anderem beabsichtigt die EU, den Anteil der erneuerbaren Energien am europäischen Energiemix bis zum Jahr 2035 auf 42,5 % zu erhöhen und Verbrennermotoren in Fahrzeugen schrittweise durch andere Antriebe zu ersetzen. Zudem sieht der Green Deal die Einrichtung von großen natürlichen Kohlenstoffsenken vor, in denen Treibhausgase abgeschieden und gespeichert werden können.
EU will bis 2030 drei Milliarden Bäume pflanzen
Einige Maßnahmen sind eher technischer Natur, so zum Beispiel die Einführung des Emissionsrechtehandels 2005, bei dem Unternehmen in einem definierten Rahmen Emissionszertifikate kaufen und verkaufen können. Auch die 2003 eingeführte Besteuerung von Energieerzeugnissen nach ihren Auswirkungen auf die Umwelt gehört in diesen Bereich. Ganz allgemein zielen die umgesetzten Vorschriften auf mehr Transparenz ab. Die CSRD-Richtlinie beispielsweise verpflichtet Unternehmen zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts, in dem sie über die wesentlichen Auswirkungen ihrer Tätigkeiten wie auch über die Auswirkungen der Nachhaltigkeitsaspekte (ESG) auf ihr Unternehmen berichten. Die EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) wiederum formuliert einheitliche Transparenzanforderungen in der Finanzbranche und sorgt so für eine bessere Vergleichbarkeit von Anlageprodukten. Die 2018 auf den Weg gebrachte europäische Taxonomie schließlich klassifiziert Wirtschaftsaktivitäten nach ihrer Nachhaltigkeit. Sie dient als „ökologischer Kompass“, um private Investitionen in CO2-neutrale Anlagen bzw. Wirtschaftstätigkeiten zu lenken.
Wo liegen – neben den Herausforderungen – die Chancen für Investoren und Unternehmen?
Der Green Deal schafft Anreize, mit denen Geldströme in saubere Technologien wie in erneuerbare Energien oder nachhaltige Mobilität geleitet werden sollen, um so die grüne Transformation zu finanzieren. Zudem fördert der Green Deal die Entwicklung neuer Finanzprodukte wie ESG-Investmentfonds, Green Bonds, Green Loans oder Sustainability-linked Loans, die nachhaltige Anlageziele mit Renditechancen verbinden.
Für die Unternehmen bietet dieser neue Rahmen echte strategische Chancen: Er fördert Innovation und die Entwicklung neuer Produkte und Dienstleistungen, mit denen sich die Unternehmen in einem Markt, der immer sensibler für ESG-Belange wird, Wettbewerbsvorteile verschaffen. In diesem Sinne sind die ESG-Ziele keine Bremse für die Performance, sondern können vielmehr als ein Element der Unternehmensstrategie verstanden werden, mit dem ein Unternehmen seine Resilienz unter Beweis stellt und den Erwartungen der Konsumenten, der Aufsichtsbehörden und der Investoren gerecht wird. Nicht zuletzt können die ESG-Ziele den Zugang zu nachhaltigen Finanzierungen erleichtern.
Um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zu unterstützen, schlug die Europäische Kommission am 26. Februar 2025 zudem ein Maßnahmenpaket („Omnibus-Paket“) vor, das die Nachhaltigkeits- und Investitionsvorschriften vereinfachen soll, um die Belastungen für Unternehmen zu verringern. Die EU will die Berichtspflichten für Unternehmen um mindestens 25 % abbauen, bei kleinen und mittleren Unternehmen soll die Entlastung mindestens 35 % betragen. Die Nachhaltigkeitsberichtspflicht soll künftig nur für Unternehmen mit mehr als 1.000 Angestellten gelten, das Inkrafttreten der Europäischen Lieferkettenrichtlinie (CS3D) soll auf 2028 verschoben werden, und auch die Berichtspflichten im Zusammenhang mit der Taxonomie sollen verringert werden. Unternehmen könnten also Rentabilität und europäische Nachhaltigkeitsanforderungen bald besser in Einklang bringen.
„Drill baby, drill“ versus Green Deal: Ist Europa allein unterwegs?
Bei allen möglichen Chancen des Green Deal darf das aktuelle geopolitische Umfeld nicht außer Acht gelassen werden – vor allem nach dem Rückzug der USA aus dem Pariser Abkommen, der eine der ersten Amtshandlungen von Donald Trump war. Angesichts des Rückziehers der USA gilt es, Partnerschaften mit anderen Akteuren ins Auge zu fassen, so z. B. mit China, das seine Position als Weltmarktführer für grüne Technologien konsolidiert, aber auch mit Ländern des globalen Südens wie Indien oder Brasilien. Auch wenn die mittelfristige Zukunft in jüngster Zeit ungewiss erscheinen mag, bleiben die Aussichten mit Blick auf Innovationen wie auch Investitionen ermutigend.
Was ist das Pariser Abkommen?
Das 2015 anlässlich der UN-Klimakonferenz COP 21 unterzeichnete Pariser Abkommen wurde ursprünglich von allen Ländern der Welt mit Ausnahme von Nicaragua und Syrien ratifiziert. Sein Ziel ist es, den Anstieg der globalen Erderwärmung auf maximal 1,5 °C zu begrenzen. Nach dem jüngsten Austritt der USA aus dem Pariser Abkommen (dem zweiten nach einem ersten Rückzug im Jahr 2017) wird nun ein Dominoeffekt befürchtet. Dies ist deshalb besonders besorgniserregend, weil das Pariser Abkommen Hilfen für finanzschwächere Länder bei der Anpassung an den Klimawandel vorsieht – und weil bei einer unveränderten Politik bis zum Ende des Jahrhunderts mit einem Anstieg der Erderwärmung von 3,1 °C zu rechnen ist.