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Medien

Der Schlüssel zum Erfolg: So gelingt der Generationswechsel

Unternehmen, vor allem Familienunternehmen, sind ein wesentlicher Bestandteil der luxemburgischen Wirtschaft. Bis 2030 wird es bei vielen einen Führungwechsel geben, wenn die Generation der Babyboomer sie an die nachfolgende Generation überträgt.

Die Weitergabe eines Familienunternehmens muss vorbereitet werden. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Unternehmen an die nachfolgende Generation übertragen oder an einen Dritten veräußert werden soll. Die sorgfältige Vorbereitung des Prozesses und eine erfolgreiche Kommunikation zwischen allen Parteien sind in jedem Fall unerlässlich.

Business Continuity: Der erste Schritt bei der Unternehmensweitergabe

Jedes Unternehmen braucht einen Plan für Business Continuity, also die Regelung der Geschäftsfortführung, um in Notfällen gelassen reagieren zu können. Aber auch bei einer Unternehmensweitergabe können diese Regelungen ein erster Schritt sein. Ist mittel- bis langfristig eine Übertragung des Unternehmens geplant, dann liefern die Überlegungen zur Fortführung der Geschäfte Unternehmerinnen und Unternehmern Antworten auf Fragen, die auch bei einer Unternehmensweitergabe wichtig sind. „Gemeinsam mit unserer Kundschaft gehen wir die Fortführung der Geschäfte im Wesentlichen von zwei Seiten an“, erläutert Anne Goedert, Beraterin Family Practice bei der Banque de Luxembourg. „Einerseits geht es darum, weiter entscheidungsfähig zu bleiben, wenn die Person, die die Geschäfte leitet oder der das Unternehmen gehört, vorübergehend oder dauerhaft nicht zur Verfügung steht oder verstirbt, andererseits beschäftigen wir uns mit Fragen zur Weitergabe von Firmenanteilen im Todesfall. Diese beiden Aspekte sind eng miteinander verbunden, müssen aber jeweils anders angegangen werden.“

Wir unterstützen die Unternehmerin oder den Unternehmer bei der Entwicklung eines maßgeschneiderten Kontinuitätsplans, der so individuell wie möglich an das Unternehmen, die Familie und die Situation der Unternehmerin/des Unternehmers angepasst istAnne Goedert

Wo werden die wichtigen Entscheidungen getroffen und wer könnte sie morgen treffen?

Zunächst sollte man unbedingt die eigene Unternehmensführung analysieren. Dann kann man darüber nachdenken, eventuell eine zweite Person in die Geschäftsleitung zu berufen oder einen Verwaltungsrat zu bilden, der die Teams bei der praktischen Umsetzung der Strategie unterstützen kann. Wer sind die idealen Kandidaten und Kandidatinnen: andere Familienmitglieder oder langjährig Beschäftigte? Ist der Zeitpunkt gekommen, an dem die Unternehmensführung für Externe geöffnet werden sollte, indem man ihnen gewisse Aufgaben im Alltagsgeschäft überträgt oder sich ihre Kompetenzen im Verwaltungsrat zunutze macht? „Wir unterstützen die Unternehmerin oder den Unternehmer bei der Entwicklung eines maßgeschneiderten Kontinuitätsplans, der so individuell wie möglich an das Unternehmen, die Familie und die Situation der Unternehmerin/des Unternehmers angepasst ist“, so Anne Goedert.

Wer die Geschäftsfortführung organisieren will, muss sie nicht nur planen, sondern auch im Unternehmen und in der Unternehmerfamilie darüber reden. Bei einem Unfall oder in einer Notsituation kann ein Plan, der die nächsten Schritte regelt, Sicherheit bieten. „Natürlich ist das Thema heikel. Aber nach unserer Erfahrung ist es sehr hilfreich, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen und sie in die Planung der Geschäftsfortführung einzubeziehen“, so Anne Goedert.

Geschäftliches und privates Vermögen

Wie kann man das Erbe unter allen Berechtigten gerecht aufteilen? Wie kann die finanzielle Sicherheit von Ehepartnern und/oder minderjährigen Kindern garantiert werden? Welche Eigentümer braucht das Unternehmen, um sich weiter zu entwickeln? Die Fragen, die sich Unternehmerinnen und Unternehmer bei der Weitergabe ihrer Unternehmensbeteiligungen im Rahmen der Geschäftsfortführung stellen müssen, sind auch für die Weitergabe des gesamten Vermögens relevant.
Darüber hinaus sollte man bedenken, dass der Code Civil Regeln für die Aufteilung von geschäftlichen und Familienvermögen enthält, die für jede Nachfolge gelten. Traditionell geht das Vermögen der verstorbenen Person an die direkten Erben, also die Kinder und den überlebenden Ehepartner. „Der Code Civil sieht insbesondere für Kinder einen Pflichtteil vor. Sie müssen also aus der Erbschaft ihrer Eltern einen gesetzlich festgelegten Mindestanteil erhalten, dessen Höhe von der Anzahl der erbberechtigten Kinder abhängt. In einem Testament kann man zwar gewisse Regeln zur Aufteilung des Vermögens außer Kraft setzen, aber der Pflichtteil ist eine unabdingbare Vorschrift – man kann also nicht davon abweichen“, erläutert Anne Goedert. Bei kinderlosen Paaren ist der überlebende Ehepartner in der Regel der Alleinerbe. Sind weder Ehepartner noch Kinder vorhanden, erben generell die Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten des Erblassers.

Aus rechtlicher Sicht besteht kein Unterschied zwischen geschäftlichen und privaten Erbschaften. Unter den Erben kann es aber je nach Erbgegenstand zu Unstimmigkeiten und Spannungen kommen.
„Ein Vermögen, das aus Immobilien und anderen Vermögensgegenständen besteht, lässt sich einfacher zu mehr oder weniger gleichen Teilen auf die Erben aufteilen als ein Unternehmen, denn es bildet eine Einheit – vor allem dann, wenn der Unternehmer oder die Unternehmerin das gesamte private und geschäftliche Vermögen in die Firma gesteckt hat“, meint Anne Goedert. „Für die Kinder als pflichtteilsberechtigte Erben, die an der Übernahme des Unternehmens nicht interessiert sind, ist eine Auszahlung nicht möglich.“ In diesem Fall sitzen die Kinder im selben Boot, ob sie wollen oder nicht – auch wenn ihre Persönlichkeiten und Interessen unter Umständen nicht im Interesse des Unternehmens liegen.

Eine unserer wichtigsten Aufgaben sehen wir darin, die Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern zu unterstützen, ihnen dabei zu helfen, Abstand zu gewinnen und sie um einen Tisch zu versammeln, um die Erwartungen aller beteiligten Personen zu verstehenCharles Sunnen

Die nachfolgenden Generationen einbeziehen

Daher scheint es uns umso wichtiger, sie so früh wie möglich in die Überlegungen rund um die Fortführung der Geschäfte und mittel- und langfristig auch in die Vermögensweitergabe des Unternehmers oder der Unternehmerin einzubeziehen. Die Vermögensweitergabe ist für Unternehmerinnen und Unternehmer ein wichtiger Schritt, mit dem ein Lebensabschnitt zu Ende geht. Aus Sicht der NextGen, der Nachfolgegeneration eines Familienunternehmens, ergeben sich zahlreiche Fragen und Herausforderungen: Will/muss/kann ich ins Unternehmen eintreten? Welche Erwartungen werden an mich gestellt und bin ich ihnen gewachsen? „Von außen betrachtet mag die Weitergabe innerhalb der Familie einfacher erscheinen, aber sie birgt ihre ganz eigenen Schwierigkeiten. Oft ist es nicht einfach, im Familienkreis die vielen Fragen zu stellen, die eine solche Weitergabe mit sich bringt“, bestätigt Charles Sunnen, Berater für Selbstständige und Freiberufler bei der Banque de Luxembourg.

Der erste Schritt, um für die vielen Aspekte einer Weitergabe einen Konsens zu erzielen, besteht darin, sich den Raum zu geben, um die eigenen Wünsche und Zweifel zu äußern und die der anderen zur Kenntnis zu nehmen. Dabei bietet diese Kommunikation zwischen den Generationen die Gelegenheit, eine Strategie für das Unternehmen und die damit verbundenen Personen zu erstellen, die beiden Zielen gerecht wird: das Vermögen, also auch das Unternehmen, dauerhaft zu bewahren und den Familienfrieden zu erhalten. „Eine unserer wichtigsten Aufgaben sehen wir darin, die Kommunikation zwischen den Familienmitgliedern zu unterstützen, ihnen dabei zu helfen, Abstand zu gewinnen und sie um einen Tisch zu versammeln, um die Erwartungen aller beteiligten Personen zu verstehen“, erläutert Charles Sunnen. Mit dem Abitur, dem Studium oder der Berufsausbildung kommt für viele der Zeitpunkt, erste Entscheidungen zu treffen, die sie dem Familienunternehmen näher bringen oder sie davon entfernen. In diesem Alter hat die nachfolgende Generation aber oft noch keine klaren Vorstellungen mit Blick auf die eigene Zukunft oder kann sie nur schwer in Worte fassen. „Um diesen jungen Menschen einen Rahmen für einen authentischen Austausch mit Gleichgesinnten in ähnlicher Situation zu bieten, die sich oft die gleichen Fragen stellen, organisiert die Banque de Luxembourg seit über 10 Jahren sehr erfolgreiche Veranstaltungsreihen“, erzählt Anne Goedert. Die erste mit dem Titel „Sommerakademie“ bringt jährlich zwischen 15 und 20 junge Leute zwischen 18 und 25 Jahren zusammen. Die Teilnehmenden werden darin unterstützt, ihre Identität zu finden und nach ihren eigenen Vorstellungen zu handeln. Dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der Dynamik, die sich in einem Familienunternehmen entwickeln kann. „Die Beiträge aller Teilnehmenden und die Berichte von jungen und nicht mehr ganz jungen Unternehmerinnen und Unternehmern können dabei als Inspiration dienen, um auf dem eigenen Weg voranzukommen“, fügt Anne Goedert hinzu. Neben der Sommerakademie bietet die Banque de Luxembourg ein „Family Business Junior Executive Program“ für junge Menschen zwischen 25 und 35 Jahren an, die bereits im Familienunternehmen tätig sind und die vor allem darüber nachdenken, ob sie diese Rolle zurecht innehaben.

Leitlinien für die Familie festlegen

Dabei bietet es sich an, die Punkte schriftlich festzuhalten, zum Beispiel in Form einer Familiencharta. Dieses Dokument ist eine moralische Verpflichtung der Mitwirkenden und ermöglicht eine Verständigung über die Werte der Familie, die Regelungen für den Zugang zum Firmenvermögen, die verschiedenen Rollen der Familienmitglieder und die Rahmenbedingungen für dieses Thema. Die Familiencharta ist zudem ein Referenzdokument für die Leitlinien im Unternehmen und in der Familie.
In einem Unternehmen müssen naturgemäß unterschiedliche Interessen zusammengeführt werden: die des Unternehmens selbst und die seiner Eigentümer. Bei einem Familienunternehmen kommen die Interessen der Familie hinzu (s. Grafik). Ziel der Leitlinien ist ein kontinuierlicher Abgleich dieser unterschiedlichen Interessen.

Für eine Familie bieten die Leitlinien die Möglichkeit, Interessen anzusprechen und den Familienfrieden zu wahren. Sie schaffen einen Ort für informelle Gespräche zwischen den Generationen und bieten die Gelegenheit, alle Familienmitglieder unabhängig von deren Rolle im Unternehmen auf dem Laufenden zu halten. Zudem kann so die Weitergabe und auch die gemeinsame Entscheidungsfindung im Interesse des Unternehmens vorbereitet werden.

„Die genaue Ausgestaltung dieser Leitlinien ist nebensächlich. Sie müssen an das Unternehmen, die Anteilseigner und die Familie angepasst sein und es muss möglich sein, sie mit der Zeit und mit den Veränderungen, die bei allen Beteiligten auftreten, zu überarbeiten“, folgert Anne Goedert.
Die Weitergabe eines Unternehmens wirft viele Fragen auf, und sie anzusprechen ist nicht immer einfach. Dabei ist eine gute Kommunikation zwischen allen Beteiligten besonders wichtig. Oft kann eine unbeteiligte dritte Person dem Unternehmer oder der Unternehmerin und deren Familie dabei helfen, die Weitergabe mit einem gewissen Abstand zu betrachten und gemeinsam einen Konsens für eine maßgeschneiderte Lösung zu finden.

Anne GOEDERT
Beraterin Family Practice
Charles SUNNEN
Berater Selbstständige und Freiberufler