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„Wenn man seinen Marktanteil halten will, geht kein Weg dran vorbei.“

Privatmarktfonds mögen eine Nische am Markt für alternative Anlagen sein, den Zugang zu diesen Fonds zu ermöglichen, kann aber einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass Privatbanken relevant bleiben, meint Lucienne Andring, Director und Head of Business Development bei der Banque de Luxembourg. Interview von Aaron Grunwald für Delano, Dezember 2022

Branchenexperten sprechen bei der Öffnung des Zugangs zu Privatmarktfonds für neue Kundengruppen von „Retailisierung“. Ich halte das nicht für ganz passend, weil der Begriff unterstellt, dass die Fonds für Retail-Kunden, also Privatanleger, verfügbar sind. Das stimmt nicht ganz. Teilen Sie meine Bedenken, oder sehen Sie es anders?

Ich bin da ganz Ihrer Meinung. Ich würde eher den Begriff der „Demokratisierung“ benutzen. Wir beobachten derzeit eine Demokratisierung der Privatmärkte. Dieser Trend hat vor einigen Jahren begonnen und beschleunigt sich aktuell. Ich beobachte dabei zwei Aspekte: auf der Produktseite, bei meinen Kunden im Bereich Asset Servicing – hier müssten wir zunächst einen Schritt zurückgehen, um dies richtig einzuordnen. Wie Sie wissen, ist das Kerngeschäft der Banque de Luxembourg traditionell das Private Banking. Daneben bedienen wir noch eine weitere Business Line, das Asset Servicing. Hier sind wir seit den 1980er-Jahren aktiv mit Serviceleistungen im Bereich der Investmentfonds und der Verwaltung von Investmentfonds.

Ich habe 2007 ein Team gegründet, das auf die Erbringung von Serviceleistungen für Privatmarktfonds spezialisiert ist. Dieses Segment verzeichnete in den letzten 10 Jahren ein sehr starkes Wachstum. Ich habe einige Kunden – Private-Equity-Firmen und Vermögensverwalter –, die neben ihren Produkten für institutionelle Anleger spezielle Produkte für Kunden aus dem Wealth Management, sehr vermögende Privatpersonen, Family Offices usw. auflegen. In diesem Bereich sehe ich eindeutig diesen Trend. Wir haben auch Initiatoren, die technologiebasierte Plattformen schaffen, wie zum Beispiel Moonfare.

Auf der Nachfrageseite hingegen verzeichnen wir ein wachsendes Interesse für und eine steigende Nachfrage nach Privatmarktprodukten seitens unserer Private-Banking-Kunden, die ihre Portfolioallokation diversifizieren wollen.

Für diejenigen, die sich nicht so gut mit dem Thema auskennen: Was sind die Vorteile der Retailisierung oder Demokratisierung von Privatmarktfonds für Vermögensverwalter, Vermittler und Anleger?

Beginnen wir mit den Anlegern. Privatanleger sind nach wie vor nur in sehr geringem Umfang in Private-Equity-Fonds engagiert. In Europa sind nur 3 % des Vermögens von Privatanlegern in Private Equity investiert. Der Hauptgrund ist der schwierige Zugang zu diesen Produkten für Privatkunden angesichts der sehr hohen Mindestanlagebeträge. Hinzu kommt der fehlende Zugang zu erstklassigen Managern. Das ändert sich momentan. Es findet eine Demokratisierung statt, da unter anderem Produkte mit niedrigeren Mindestanlagebeträgen angeboten werden, und das ist für Privatanleger in einem Umfeld hoher Volatilität an den Börsen und hoher Inflation sehr attraktiv, weil sie ihr Portfolio diversifizieren möchten. Ihre Beweggründe sind verständlich, denn die privaten Märkte haben über einen längeren Zeitraum hinweg solide Renditen geliefert. Sie haben die breiten Publikumsmärkte in den letzten 20 Jahren übertroffen. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass wir uns in einem Umfeld befinden, in dem sich Unternehmen langfristiger privat finanzieren und sich sogar börsennotierte Unternehmen von der Börse zurückziehen.Es findet also eine erhebliche Wertschöpfung außerhalb des Publikumsmarkts statt.

Richtig, denn wenn man kein Milliardär ist und nicht einfach ein Unternehmen kaufen kann, würde man vielleicht gerne über einen Fonds Zugang erhalten.

Über einen Fonds, sodass man einen Anteil an einem oder mehreren Unternehmen erwirbt.

Wenn man dagegen Anbieter eines Privatmarktfonds ist: Will man dann wirklich statt mit 20 oder 30 Investoren mit 200 oder 300 zu tun haben? Das macht wahrscheinlich alles komplizierter. Welchen Nutzen haben also die Anbieter?

Dies muss in den richtigen Kontext gestellt werden. Heute stammen mehr als 90 % des von Privatmarktfonds aufgebrachten Kapitals von institutionellen Anlegern, und sie werden auch in den nächsten Jahren weiterhin den Großteil der Mittel in diese Art von Fonds einbringen. So viel ist sicher. Gleichzeitig wird mit einem hohen Wachstum bei Privatanlegern gerechnet, und Vermögensverwalter wittern Chancen, wenn sie Zugang zu dieser wachsenden Menge an Kapital erhalten.Es ist also sinnvoll, beide Parteien zusammenzubringen.

Das Kapital wird also da sein, und sie setzen auf dieses Segment, weil das Interesse da ist?

Das Interesse ist da, weil Nachfrage seitens der Anleger besteht. Für die Fondsgesellschaften ist es eine Gelegenheit, ihre Mittelbeschaffung zu diversifizieren, auch wenn der Mittelzufluss von institutionellen Kunden sehr viel größer ist. Der andere Bereich wächst, die Nachfrage ist da. Warum sollte man dies nicht nutzen?

Doch dadurch wird ihr Geschäft komplizierter. Suchen sie nach Fintech-Lösungen, um diese Verschiebung zu meistern? Wie Sie bereits gesagt haben, besteht die Herausforderung darin, statt 20 Investoren, die hohe Beträge anlegen, 100 bis 200 Anleger mit kleineren Anlagebeträgen zu haben. Mit Blick auf die Abläufe ist es wichtig, das zu verstehen. Hier kommen Dienstleister ins Spiel oder eventuell auch Technologieplattformen. Schlanke und automatisierte Prozesse sind in diesem Zusammenhang entscheidend. Die Digitalisierung wird dabei eine wichtige Rolle spielen, und es gibt spezialisierte Dienstleister, die den Vermögensverwaltern dabei helfen, Angebot und Nachfrage zusammenzubringen.

Was sind die Vorteile für Privatbanken und Vermögensverwalter?

Finanzberater und Vermögensverwalter erkennen die Nachfrage ihrer Kunden. Darin liegt eine Chance für sie, aber auch eine Verantwortung gegenüber ihren Kunden, ein solides Angebot an Privatmarktprodukten zu entwickeln. Genau das haben wir gemacht. Auf die Nachfrage unserer Kunden haben wir reagiert und ein Produkt entwickelt, um diese Nachfrage zu befriedigen. Sehen wir uns die Zahlen an. Schätzungen zufolge werden Privatanleger ihr Engagement in Private-Equity-Fonds bis 2025 mehr als verdoppeln. Es ist also eine riesige Chance für Vermögensverwalter und Privatbanken. Es ermöglicht ihnen, ihre Produktpalette zu erweitern, neue Einnahmequellen zu erschließen, und es ist ein sehr attraktives Instrument, um neue Kunden zu gewinnen oder mehr Geld von bestehenden Kunden zu erhalten. Das ist aus meiner Sicht ein sehr wichtiger Punkt, wenn wir über die Vorteile der Retailisierung oder Demokratisierung sprechen. Was sind die Nachteile für Anleger? Verstehen sie, wie sich Liquidität und Risiken von den Publikumsfonds unterscheiden? Wovor müssen wir die Privatanleger warnen? Privatanleger müssen sich darüber im Klaren sein, dass Private-Equity-Anlagen oder Privatmarktanlagen illiquide sind. Das ist sehr wichtig. Für einen typischen PE-Fonds gilt eine Sperrfrist von 10 Jahren, in der Anleger ihre Positionen nicht veräußern können. Die Anleger müssen verstehen, dass es sich um ein langfristiges Investment handelt. Das ist der entscheidende Punkt. Hier kommt die Aufklärung der Anleger ins Spiel. Finanzvermittler, Privatbanken und Vermögensverwalter spielen aus meiner Sicht eine wichtige Rolle bei der Aufklärung der Anleger. Sie müssen die Besonderheiten dieser Produkte erklären: Was ist eine Kapitalzusage, ein Kapitalabruf? Wie funktioniert dieser Mechanismus? Wie funktionieren die Zahlungsströme usw.?Es handelt sich um eine neue Anlageklasse für Private-Banking-Kunden.Es ist sehr wichtig, dass sie sich mit der Funktionsweise dieser Produkte vertraut machen.

Der Asset Manager wird wahrscheinlich nicht in der Lage sein, diese Aufklärungsarbeit zu leisten. Ist es also eine Herausforderung für Sie, da Sie mehr Zeit in die persönliche Beratung von Kunden investieren?

Die Kundenberatung ist das Kerngeschäft einer Privatbank.Das ist also gut investierte und wichtige Zeit. Bei dieser Art von Anlageklasse ist Vertrauen besonders wichtig.

Die Banque de Luxembourg scheint sich hauptsächlich auf Private Equity zu konzentrieren. Doch wie passen auch andere Arten von Privatmarktfonds wie Infrastruktur- oder Immobilienfonds in dieses Segment? Private Equity ist zweifellos der Treiber für das weltweite Wachstum der Privatmärkte. Das gilt allgemein, für die gesamte Branche. Zurück zum Private Banking: Die meisten unserer Private-Banking-Kunden, und das gilt auch für den gesamten Finanzplatz, interessieren sich für Private Equity, insbesondere diejenigen, die neu in dieser Anlageklasse sind.Neulinge wollen oft zuerst in Private Equity investieren.

Warum ist das so?

Weil es der größte Teil des Marktes ist, weil er bekannt ist, weil es sich um die reale Wirtschaft handelt. Sie sehen, in welche Unternehmen sie tatsächlich investieren.

Vermögende Anleger sind nicht besonders an Immobilienfonds interessiert. Das überrascht mich ein wenig. Denn Immobilien sind ein Geschäft, das einfacher zu verstehen sein dürfte.

Ja, aber viele Private-Banking-Kunden haben bereits Direktanlagen in Immobilien in ihrem Portfolio. Sie müssen nicht über einen Fonds investieren. Sie kaufen ein Haus in Südfrankreich oder in den Schweizer Alpen. Sie sind insgesamt recht stark in Immobilien engagiert.Dagegen ist es für Privatanleger schwieriger, direkt in Private Equity zu investieren.

Ist das ein gutes Zeichen für Infrastrukturfonds? Es ist nicht so einfach, einen Teil einer Brücke oder eines Solarparks zu kaufen.

Oder einen Teil einer Straße. Unter den erfahrenen Anlegern gibt es eindeutig eine Nachfrage nach Infrastrukturinvestments, insbesondere in bestimmten Teilsektoren, beispielsweise zur Unterstützung der Energiewende wie alternative Energien, Energieeffizienz, Cleantech-Lösungen. Daneben gibt es noch Venture Capital. Vor allem unternehmerisch denkende Anleger interessieren sich oft für Venture Capital. Für Unternehmerfamilien ist Venture Capital ein wichtiges Thema, sie möchten sich in der Anfangsphase an Unternehmen und einer weiteren Erfolgsgeschichte beteiligen.

Die neue Generation der Anleger wiederum will sehen, wie sich ihre Investments auf die Realwirtschaft auswirken. Sie suchen nach Fonds mit einer nachhaltig ausgerichteten Strategie. Als sehr wichtige Regel legen wir unseren Kunden ans Herz, ähnlich wie bei Börsenanlagen, ein diversifiziertes Portfolio alternativer Anlagen aufzubauen. Man sollte auf mehreren Ebenen diversifizieren, nach Strategie, Manager, Region, aber auch nach Dauer.

In der Branche herrscht große Aufregung über die Demokratisierung von Privatmarktfonds. Was denken Sie, wird es sich zu einem großen Segment entwickeln oder eher ein Nischenthema bleiben?

Das hängt davon ab, was Sie unter einer Nische verstehen. Eines steht fest: Die Nachfrage von Privatanlegern nach privaten Anlagen wird weiter wachsen. Wie gesagt, wird sich ihre Allokation bis 2025 voraussichtlich verdoppeln. Es wird also mit einem starken Wachstum gerechnet. Auch bei den Vermögensverwaltern sehen wir, dass alle führenden Akteure neue Produkte mit unterschiedlichen Strategien in diesem Bereich auflegen. Sie wollen der wachsenden Nachfrage gerecht werden. Privatbanken werden dabei natürlich eine wichtige Rolle spielen. Sie müssen die Anleger informieren und beraten und ihnen geeignete Produkte empfehlen. Das beobachten wir bereits. Betrachtet man die gesamte Branche, hatten Privatmarktfonds im Jahr 2020 ein Volumen von 8 Mrd. US-Dollar, das sich bis 2025 fast verdoppeln dürfte – auf ein verwaltetes Vermögen von weltweit über 15 Mrd. US-Dollar. Der Anteil von Privatanlegern wird heute auf 9 % bis 10 % geschätzt und wird sich bis 2025 voraussichtlich auf 10 % bis 12 % erhöhen. Das ist zwar eine Menge Geld, aber nur ein geringer Anteil des gesamten verwalteten Vermögens in der Branche.

3 % von 15 Billionen US-Dollar sind „nicht nichts“. Aber handelt es sich hierbei um einen besonders profitablen Geschäftsbereich? Privatmarktfonds lassen sich nicht so leicht und profitabel skalieren wie OGAW-Fonds. Werden die Margen hoch genug sein?

Wenn Nachfrage besteht, ist es zunächst einmal gut, darauf zu reagieren. Es besteht eine Notwendigkeit – Privatanleger wollen ihre Vermögensallokation diversifizieren. Da die Privatmärkte ein starkes Wachstum und eine Outperformance verzeichnet haben, wollen Privatanleger in dieses Anlageuniversum einsteigen. Wenn es eine Nachfrage gibt und die Asset Manager Produkte für Privatanleger auf den Markt bringen, ist das profitabel? Offensichtlich ist es das. Es ist auch für andere Marktteilnehmer profitabel.

Vermögensverwalter werden neue Produktangebote in diesem Bereich entwickeln, da die Produkte recht komplex sind. Deshalb ist es für Privatanleger wichtig, sich gut beraten zu lassen. Sie sollten sich an jemanden wenden, der sich mit den verschiedenen Produkttypen auskennt und in der Lage ist, zu beraten. Ihre Privatbank oder ihr Vermögensverwalter kann hier wahrscheinlich einen Mehrwert bieten. Deshalb wird das Geschäft profitabel sein. Ja, das wird es.

Dieses Geschäft unterscheidet sich aus meiner Sicht jedoch deutlich von dem Geschäft mit Privatmarktanlagen für institutionelle Anleger. Wenn man die Private-Asset-Branche als Ganzes betrachtet, wird das institutionelle Geschäft weiterhin den Löwenanteil ausmachen. Selbst wenn der von 90 % auf 88 % schrumpft, wird es noch ein großer Teil der Branche sein.

Wenn man als Privatbank, Vermögensberater oder sonstiger Finanzintermediär seinen Marktanteil halten will, muss man es also anbieten?

Genau. Wenn man seinen Marktanteil halten und neue Kunden gewinnen will, führt kein Weg daran vorbei. Und es lohnt sich. Noch vor 10 Jahren war es schwierig, denn es gab keine geeigneten Produkte. Heute gibt es die Produkte. Daher ist es sinnvoll, sie anzubieten. Für eine Privatbank ist dieses Produktangebot ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal.

Wird diese Retailisierung oder Demokratisierung aus Ihrer Sicht überschätzt?

Mit Blick auf erfahrene Anleger, sehr vermögende Privatanleger und zu einem gewissen Grad auch vermögende Privatanleger wird das Thema aus meiner Sicht nicht überschätzt. Es hat eine Entwicklung stattgefunden, und es gibt einen Trend, der sich fortsetzen dürfte. Was normale Privatanleger betrifft, wird das Thema überschätzt, denke ich.

Weil diese Produkte nicht für sie geeignet sind?

Einer der Nachteile ist, dass es sich um eine komplizierte Anlageklasse handelt. Anleger müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Fonds nicht liquide sind und man seine Position nicht einfach veräußern kann, wenn man kurzfristig Geld braucht. Wenn man dennoch aussteigt, wird man keinen angemessenen Preis erhalten. Wahrscheinlich liegt keine Bewertung vor oder man wird einen Bewertungsabschlag hinnehmen müssen.

Lucienne Andring der Banque de Luxembourg verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung mit alternativen Investmentfonds