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Es gibt eine Art, wie man wirtschaftliche Entscheidungen treffen sollte, und eine Art, wie wir sie wirklich treffen – dazwischen liegen Welten! Diese Diskrepanz kann nun dank einer neuen akademischen Disziplin, der Verhaltensökonomik (Behavioural Finance), erklärt werden. Es scheint, als bevorzuge die menschliche Natur bestimmte Anlageentscheidungen – aus Gründen, die nichts mit Risiko oder Ertrag zu tun haben.

„Es macht mir nichts aus, Risiken in Kauf zu nehmen“, sagte Philip zum Anlageberater, „aber ich möchte kein Geld verlieren.“ Herkömmliche Wirtschaftsmodelle konnten diese Aussage einfach nicht erklären. Wie kann er behaupten, risikobereit zu sein, aber nicht willens zu verlieren? Der Berater verstand allerdings sofort, dass die „Null“ – die Trennlinie zwischen Gewinnen und Verlusten – für die meisten Menschen von ganz besonderer Bedeutung ist. Obwohl die Zahlen auf beiden Seiten der Trennlinie numerisch identisch sind, empfinden wir das nicht so.

Dies ist eine der Schlüsselbeobachtungen der Verhaltensökonomik, eines neuen Forschungsbereiches, der auf psychologischer Forschung aus den letzten 60 Jahren aufbaut, um unser Verständnis von Konsumenten, Sparern und Anlegern zu bereichern. In einer der berühmtesten Veröffentlichungen in diesem Wissenschaftszweig, einem Paper von zwei Psychologen, Kahnemann und Tversky, aus dem Jahre 1979, wird die asymmetrische Natur menschlicher Wahrnehmung bei der Bewertung möglicher finanzieller Ergebnisse beschrieben. Grob gesagt, empfinden wir die Aussicht eines Verlustes doppelt so intensiv wie die eines Gewinnes in derselben Höhe. Das bedeutet, dass uns der Verlust von 100 Euro doppelt so wehtut wie uns der Gewinn von 100 Euro erfreut.

NEUROPSYCHOLOGIE

Der neueste Vorstoß in der Verhaltensökonomik ist der Bereich der Neuropsychologie. Dabei wurde mittels Magnetresonanztomographie (MRT/ Kernspintomographie) die Gehirnaktivität von Testpersonen beim Treffen wirtschaftlicher Entscheidungen beobachtet. Eine der ersten Beobachtungen ergab, dass eine ganze Menge unseres „Denkens“ automatisch erfolgt. Unser Gehirn kommt in vielen Fällen nahezu ohne bewusste Anstrengung zu Schlussfolgerungen.

Neuropsychologen haben auch entdeckt, dass „Mögen“ oder „Wollen“ zwei separate Prozesse sind. Dies ist wichtig, da die traditionelle Wirtschaft immer davon ausgegangen ist, dass wir „wollen“, was wir „mögen“, und dass durch die Messung unserer Bereitschaft zu zahlen („wollen“) indirekt auch das „Mögen“ gemessen wurde. Tatsächlich spielt sich das „Mögen“ in einem neuralen Lust-und-Schmerz-System ab, während das „Wollen“ ein Hauptelement des Motivationssystems ist. Eine der erstaunlicheren Entdeckungen der Neuropsychologie waren nicht die Testergebnisse selbst, sondern was die Gehirne der Testpersonen zwischen den verschiedenen Experimenten machten. Buchstäblich in der Sekunde nach Abschluss eines Experimentes schalteten sie in den Standardmodus zurück, in dem sich alles um soziale Vernetzung dreht.

Es scheint, wir machen uns unaufhörlich Gedanken, wie wir die Zustimmung und Anerkennung unserer Umgebung erlangen können. Entgegen einer weiteren Hauptannahme der traditionellen Wirtschaft streben die Menschen nicht einfach nur nach einem Maximum an Konsum. Vor allem anderen sind wir soziale Wesen.

Asymmetrische Wahrnehmung von Gewinn und Verlust

Eine weitere Entdeckung ihres Artikels mit dem Titel „Prospect Theory“ (Wahrscheinlichkeitstheorie) befasste sich mit der Art und Weise, wie Menschen Wahrscheinlichkeiten einschätzen. Wir neigen dazu, bei der Einschätzung von Wahrscheinlichkeit einem Prozentpunkt eine ganz unterschiedliche Bedeutung zuzumessen, je nachdem, wo er sich im Spektrum zwischen „unmöglich“ und „sicher“ befindet. Wir haben zum Beispiel eine überproportionale Vorliebe für sichere Ergebnisse gegenüber solchen, die lediglich wahrscheinlich sind.

Daher sind Menschen typischerweise bereit, für einen Prozentpunkt an Wahrscheinlichkeit mehr zu bezahlen, wenn sich die Wahrscheinlichkeit des Ergebnisses damit von 99 % auf 100 % erhöht, als es der Fall bei einem Anstieg von 98 % auf 99 % wäre. Wir neigen ebenfalls dazu, sehr geringe Wahrscheinlichkeiten als wahrscheinlicher anzusehen als sie wirklich sind. Wenn das Ergebnis aus dieser geringen Wahrscheinlichkeit positiv ist, so wie das Knacken des Lotto Jackpots am nächsten Wochenende, neigen wir dazu, unsere Gewinnchance viel höher einzustufen als sie in Wirklichkeit ist, und damit unsere Teilnahmemöglichkeit viel teurer zu bezahlen. Falls das Ergebnis aus dieser geringen Wahrscheinlichkeit zufällig negativ ist, so wie Tod bei einem Flugzeugunglück, dann werden wir eine übertriebene Angst davor haben und entsprechend (zu) hohe Versicherungsprämien zahlen.

Systematisches Verhalten

Die in der Verhaltensökonomik beschriebenen menschlichen Neigungen sind ihrer Natur nach systematisch. Das heißt, die meisten Menschen reagieren auf gleiche Weise, zur gleichen Zeit, auf den gleichen Anreiz hin. Wenn unser Verhalten zufällig oder charakteristisch wäre, würde es keine Rolle spielen, denn die vorgefasste Vorliebe einer Person würde wahrscheinlich die entgegengesetzte Voreingenommenheit einer anderen Person aufheben. Dies ist mit dem Begriff „Weisheit der Vielen“ gemeint: die verblüffende Fähigkeit einer großen Anzahl von Konkurrenten, eine unbekannte Größe korrekt abzuschätzen.

Das berühmteste Beispiel für diese Weisheit der Vielen ist eine Beobachtung, die der Anthropologe Francis Galton vor mehr als einem Jahrhundert auf der Messe von Plymouth machte: Besucher verfügten über die kollektive Fähigkeit, das Gewicht eines Ochsen genau zu erraten. Da es in den Rateversuchen kein systematisches Element gab, hoben die hohen Schätzungen die niedrigen Schätzungen auf, so dass sich der Durchschnitt in der Mitte, dem korrekten Gewicht, einpendelte. Auf dieselbe Weise würde sich ein Durchschnitt bei der Zahl 5 herausbilden, wenn man eine große Anzahl von Personen bitten würde, eine Zahl zwischen 1 und 9 zu wählen. Wenn jedoch aus irgendeinem Grund viele Personen die Zahl 8 bevorzugten, läge der Durchschnitt höher als 5. Und egal wie viele weitere Personen eine Zahl auswählten, der Durchschnitt wäre immer größer als 5.

Wenn eine Voreingenommenheit also systematisch ist, dann verschwindet sie nicht durch Anhäufung: Die Voreingenommenheit, die auf individueller Ebene zu beobachten ist, wird auch auf Gruppenebene zu beobachten sein. Da das Verhalten von Anlegern systematisch ist, werden sie dazu neigen, dasselbe zu tun, oder sich zu einer „Herde“ zusammenschließen, obwohl sie keine Kenntnis der Entscheidungen der anderen haben.

 

VERHALTENSÖKONOMIK

wendet die Grundsätze der Psychologie auf die Finanzwelt an, indem sie das Verhalten von Anlegern beim Treffen von Entscheidungen erforscht. Die Theorie, die vor etwa 30 Jahren aufgestellt wurde, ist seit der Vergabe des Nobelpreises für Wirtschaft 2002 an ihre zwei Väter, Daniel Kahnemann und Vernon Smith, offiziell anerkannt.

 

 

Verlustaversion

Wenn man die zwei Hauptpunkte der Prospect Theory miteinander kombiniert – die asymmetrische Wahrnehmung von Gewinn und Verlust und die ungleiche Gewichtung von Wahrscheinlichkeiten – dann werden viele Elemente im Verhalten von Anlegern verständlicher.

So wird zum Beispiel klar, warum Anleger so viel ausgeben, um sich gegen einen Börsencrash zu schützen. Ein plötzliches, massives Absacken der Aktienkurse ist ein Beispiel für ein Ereignis mit niedriger Wahrscheinlichkeit. Daher neigen Anleger dazu, es als wahrscheinlicher wahrzunehmen, als es in Wirklichkeit ist, und die Absicherung ihrer Portfolios schützt sie gegen einen Verlust, der ihnen überproportional wehtun würde. Eine Absicherung des Portfolios kann erzielt werden durch das langfristige Halten von hochwertigen Anleihen, Kapitalgarantieprodukte, Put-Optionsscheine („far-out- of- the- money“) - oder einfach dadurch, dass man riskante Anlagen völlig meidet.

Allerdings ist bei allen diesen Strategien erwiesen, dass sie langfristig Anlageerträge reduzieren. Die Prospect Theory erklärt ebenfalls die Anziehungskraft von Wertpapieren bei einem Börsengang. Typischerweise konzentrieren sich solche Angebote auf relativ neue Firmen in aufsteigenden Branchen. Daher besteht eine erhöhte Gefahr, dass viele von ihnen ihre hochgesteckten Ziele nicht erreichen oder sogar ganz und gar scheitern. Einige wenige bieten allerdings eine außergewöhnliche Performance. Börsengängen wohnt also ein Lotterie-ähnliches Element inne. Wenn Anleger die winzige Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen sich nach seinem Börsengang als das nächste „Google“ entpuppt, überbewerten, dann werden sie dazu neigen, zu viel für ihre Partizipation zu bezahlen.

Deshalb würde man erwarten, dass die langfristigen Erträge aus Anlagen in Börsengänge enttäuschend sind, und tatsächlich zeigt die Forschung genau das. Verlustaversion und das Abwägen von Wahrscheinlichkeiten sind nur zwei der Haupterkenntnisse der Verhaltensökonomik; es gibt noch viele weitere. Wir Menschen werden vielleicht nie in der Lage sein, all unsere Unzulänglichkeiten als Anleger zu korrigieren – schließlich sind sie Teil unserer Natur. Aber wir könnten wenigstens aufhören überrascht zu sein, wenn an den Finanzmärkten seltsame Dinge passieren!

STANDPUNKT DER BANQUE DE LUXEMBOURG

 

  •  Die Banque de Luxembourg interessiert sich seit einigen Jahren für die zahlreichen Erkenntnisse aus den Forschungen der Behavioural Finance. Das Verhalten, das von der relativ neuen Disziplin akademischer Finanz erforscht wird, betrifft uns alle in unserer Eigenschaft als Anleger, Privatanleger ebenso wie Profis. Ein besseres Verständnis dieser Zusammenhänge führt zu optimierten Entscheidungen, sowohl bei der Vermögensverwaltung als auch in der Anlageberatung.

 

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