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Medien

Wie geht es nach 2020 weiter?

Das Jahr 2020 wird zweifellos in die Annalen eingehen: Die dramatische Corona-Krise, die weltweit schon über 1,5 Millionen Menschenleben gefordert hat, hat unser Leben verändert. Was ist vom kommenden Jahr zu erwarten?

Damien Petit, Leiter Private Banking Investments bei der Banque de Luxembourg, analysiert in der Dezember-Ausgabe des luxemburgischen Finanzjournals Agefi die Aussichten für 2021.

In der Wirtschaft hat die Pandemie einen beispiellosen exogenen Angebotsschock ausgelöst. Der strikte Lockdown, zunächst in Asien, ab dem Frühjahr dann auch in Europa und den USA, hat die wirtschaftliche Aktivität einbrechen lassen. Unter den Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen litt vor allem die Dienstleistungsbranche, die von Rezessionsphasen traditionell weniger stark betroffen ist.

Beispiellose staatliche Maßnahmen

Die Regierungen und die Notenbanken reagierten mit Hilfsmaßnahmen in bisher nicht gekanntem Ausmaß: In den Industriestaaten wurden vor allem die Bilanzen der Zentralbanken massiv vergrößert und die öffentliche Verschuldung in die Höhe getrieben, wodurch es nach der Aufhebung des Lockdowns im dritten Quartal zu einem robusten Wirtschaftsaufschwung kam. Die zweite Pandemiewelle hat die Staaten nun jedoch noch einmal zu Einschränkungen des öffentlichen Lebens gezwungen – vor allem in Europa. Hier wird die Wirtschaft in den drei letzten Monaten des Jahres erneut schrumpfen.

Sofern es gelingt, neue Infektions-Hotspots unter Kontrolle zu bekommen und die Massenimpfungen im Laufe des Jahres 2021 erfolgreich verlaufen, dürften die wirtschaftlichen Akteure wieder Vertrauen fassen, so dass sich die Weltwirtschaft in den kommenden Quartalen wieder erholen dürfte.

Sofern es gelingt, neue Infektions-Hotspots unter Kontrolle zu bekommen und die Massenimpfungen im Laufe des Jahres 2021 erfolgreich verlaufen, dürften die wirtschaftlichen Akteure wieder Vertrauen fassen, so dass sich die Weltwirtschaft in den kommenden Quartalen wieder erholen dürfte.

Umsicht ist angesagt

Sollten die staatlichen Hilfsprogramme jedoch nicht verlängert werden, könnte dies den Aufschwung ernsthaft gefährden. In den USA wurden insbesondere die Einkommen der privaten Haushalte mit öffentlichen Hilfsprogrammen gestützt. Viele dieser Programme laufen nun aus. Werden sie nicht verlängert, dürfte dies den privaten Konsum, den wichtigsten Motor für die US-Wirtschaft, schwer belasten – zumal sich der Arbeitsmarkt noch nicht vollständig erholt hat: Nur etwas mehr als die Hälfte der Jobs, die im März und April verloren gegangenen waren, wurden bislang wieder neu geschaffen, und das Tempo hat in den vergangenen Wochen deutlich nachgelassen.

Der Weg aus der Corona-Krise geht jedoch mit wachsenden strukturellen Ungleichheiten einher, insbesondere aufgrund der gestiegenen Verschuldung. Der explosionsartige Anstieg der Schulden lässt die Regierungen zu einem nur scheinbar einfachen Mittel greifen: Man verlässt sich auf die Zentralbanken, um die öffentliche Verschuldung zu finanzieren. Die gefährliche Vermischung von Geld- und Fiskalpolitik lässt künftig nur wenig Spielraum für einen größeren Anstieg der Zinsen. Die künstlich niedrig gehaltenen Zinsen haben viele negative Folgen: Die Politik zieht sich aus der Verantwortung, die Rentabilität der Finanzbranche leidet, die sozialen Ungleichheiten vergrößern sich, produktive Investitionen rentabler Unternehmen werden gebremst und ihr Wachstumspotenzial wird nachhaltig geschwächt.

Was können Anleger im kommenden Jahr erwarten?

Die Niedrigzinspolitik bleibt für Anleger nicht ohne Folgen, insbesondere wenn sie defensiv agieren:

Gerade sie müssen schon seit einigen Jahren einen strukturellen Kaufkraftverlust in Kauf nehmen, das heißt den schleichenden Wertverlust ihres Vermögens. Die Inflation ist zwar zurzeit unter Kontrolle, kann jedoch nicht ausgeglichen werden, wenn die Zinsen gleichzeitig bei Null liegen oder gar negativ sind. Der Anleger erlebt somit eine Art der Besteuerung seines Sparvermögens. Ein Portfolio aus erstklassigen Staatsanleihen hat daher seine Attraktivität für einen privaten Anleger völlig verloren. Die Endfälligkeitsrenditen von Staatsanleihen der finanziell solidesten Staaten liegen nämlich im negativen Bereich: Für deutsche Staatsanleihen bezahlen Investoren selbst bis zu einer Laufzeit von 30 Jahren negative Zinsen. Damit ergibt sich für einen Anleger ein völlig asymmetrisches Risiko: Einerseits ist die jährliche Rendite bis Laufzeitende negativ; das bedeutet, dass der Anleger den deutschen Staat noch dafür bezahlt, dass er ihm Liquidität zur Verfügung stellt. Andererseits riskiert der Anleger größere Kursverluste in dem Fall, dass die Renditen während seiner Haltedauer steigen. Die wichtige Schutzfunktion, die erstklassige Anleihen in der Vergangenheit in einem diversifizierten Portfolio gespielt haben, hat sich damit weitgehend erlegt, da das Kurspotenzial dieser Anleihen begrenzt ist.

Ein dynamischerer Anleger hingegen, der in Unternehmensanleihen investieren will, erhält für das höhere Risiko nur geringfügig mehr Rendite. Er könnte versucht sein, hochrentierliche („High Yield“-) Anleihen zu kaufen, um eine höhere Performance zu erzielen. Damit geht er jedoch ein erhöhtes Risiko von Zahlungsausfällen und endgültigem Kapitalverlust ein. Wenn seine Risikobereitschaft und -fähigkeit es zulassen, sollte er sich eher für Aktienanlagen entscheiden. Bei diesen stellt sich jedoch angesichts der kontinuierlich gestiegenen Kurse der vergangenen Jahre die Frage nach dem Bewertungsniveau sowie nach dem „richtigen“ Anlagezeitpunkt. Absolut gesehen, ist das Bewertungsniveau der Aktienmärkte heute hoch. Dies hat zur Folge, dass die langfristige Performance dieser Anlageklasse künftig sehr wahrscheinlich niedriger liegen wird als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Relativ gesehen, sprechen die Risikoprämien, d. h. das relative Bewertungsniveau von Aktien gegenüber Anleihen, jedoch durchaus für Aktienanlagen.

Absolut gesehen, ist das Bewertungsniveau von Aktien heute hoch. Dies deutet darauf hin, dass die langfristige Performance dieser Anlageklasse künftig sehr wahrscheinlich niedriger liegen wird als im Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre.

„Market Timing“ funktioniert nicht

Zur Frage nach dem „richtigen“ Anlagezeitpunkt ist festzuhalten: Das sogenannte Market Timing funktioniert nicht. Der Versuch, die Reaktion der Märkte auf (politische oder andere) Ereignisse vorherzusagen und gegebenenfalls – ganz oder teilweise – aus den Märkten aus- oder wieder einzusteigen, vernichtet strukturell eher Wert, als dass er ihn schafft.

Viele Beobachter rechneten beispielsweise für den Fall eines knappen Ausgangs der US-Präsidentschaftswahlen mit einer negativen Reaktion der Märkte. Davon war jedoch nichts zu sehen. Weil ein Erdrutschsieg der Demokraten ausgeblieben ist (die Senatsmehrheit wird erst nach den Stichwahlen in Georgia im Januar feststehen), sind radikalere steuerpolitische Maßnahmen, die verheerend auf die Aktienmärkte hätten wirken können, künftig kaum zu erwarten. Zudem sorgten die ermutigenden Nachrichten von Pfizer und Moderna über die Wirksamkeit neuer Impfstoffe gegen COVID-19 im November für einen positiven Schub auf den Aktienmärkten. Anleger, die im Oktober aus Angst vor einem negativen Ausgang der US-Wahlen aus den Aktienmärkten ausgestiegen wären, hätten somit einen Monat verpasst, der für die Aktienmärkte weltweit Rekordergebnisse brachte.

Wer an den Aktienmärkten investiert, muss allerdings die Volatilität aushalten, die zu dieser Anlageklasse gehört. Das Risiko eines dauerhaften Kapitalverlusts kann jedoch beträchtlich verringert werden, wenn man ausschließlich Qualitätsaktien kauft. Diese verfügen über nachhaltige Wettbewerbsvorteile und solide Bilanzen und besitzen Preissetzungsmacht. Damit erlauben sie es dem Anleger, seine Kaufkraft langfristig zu erhalten, vor allem auch durch die Zahlung regelmäßiger Dividenden.

„Qualitätsunternehmen verfügen über nachhaltige Wettbewerbsvorteile und solide Bilanzen und besitzen Preissetzungsmacht.”

Zusammengefasst ist für 2021 trotz wachsender struktureller Ungleichheiten mit einer Konjunkturerholung zu rechnen. Die expansive Geldpolitik, die den überschuldeten Staaten zugute kommt, wird dafür sorgen, dass die Zinsen auf ihrem extrem niedrigen Niveau bleiben, was die Renditechancen für traditionelle, defensiv ausgerichtete Anleger deutlich begrenzt. Unter den traditionellen Anlageklassen bieten allein Aktien auf lange Sicht einigermaßen attraktive Renditechancen.

Artikel verfasst für das luxemburgische Finanzmagazin Agefi, Dezember 2020

Damien Petit, Leiter Private Banking Investments, Banque de Luxembourg